Zu kaum einem Thema gibt es so vielfältige und teils kontroverse Meinungen wie zur Nikotinmenge für Umsteiger. Bevor man sich über die Menge Gedanken macht, sollte aber eines klar sein: Das Nikotin in der Zigarette ist entgegen dem, was viele Laien denken, das geringste Problem. Ziel sollte es sein, mit dem Rauchen aufzuhören und dabei ist die Nikotinmenge entscheidend für Erfolg oder Misserfolg. Wer das Nikotin zu schnell oder zu drastisch reduziert, läuft eher in Gefahr rückfällig zu werden.
Ich richtete mich Anfangs nach Tabellen die ich im Internet gefunden hatte, um den eigenen Nikotinbedarf von der Zigarette auf die in etwa gleiche Nikotinmenge im Liquid umzurechnen, was eigentlich Quatsch ist, aus folgenden Gründen:
- Das Nikotin im Liquid wird etwas anders resorbiert als das aus der Zigarette, es flutet etwas langsamer an und sorgt daher nicht für den schnellen Kick im Gehirn den der Raucher gewöhnt ist, dafür entsteht das Verlangen aber auch nicht so stark und abrupt wie bei der Zigarette, die abseits des Nikotin suchtfördernde Stoffe bei der Verbrennung abgibt. Insofern lässt sich die Zigarettenmenge nicht ohne weiteres auf die Nikotinstärke beim Liquid umrechnen.
- Es macht einen großen Unterschied, ob Mund zu Lunge wie beim Rauchen oder direkt zur Lunge gedampft wird. Bei DTL/DL ist die verbrauchte Liquidmenge oft vielfach höher. Wer z.B. 15ml Liquid pro Tag mit nur 3mg/ml dampft, führt dem Körper 45mg Nikotin knapp mehr zu als jemand der 3ml Liquid pro Tag mit 12mg/ml dampft. MTL oder DL macht also einen allentscheidenden Unterschied bei der Frage der Dosierung des Nikotin.
- Der Körper hat einen gewissen Wohlfühlspiegel an Nikotin, den er vom Rauchen gewöhnt ist. Dieser variiert von Mensch zu Mensch und egal wie viel Nikotin nun im Liquid ist, das Gehirn verlangt das Wohlfühlpensum. Wer also als neuer Vaper mit eher wenig Nikotin dampft, wird im Zweifel dauernuckeln, wer mit viel Nikotin dampft, greift seltener zum Gerät. Unterm Strich mit dem gleichen Ergebnis.
Ich kenne starke Raucher, die mit einem Umstieg auf 3mg/ml DL glücklich waren, ich selbst habe mit 12mg/ml MTL begonnen, wieder andere starten mit 18mg/ml.
Auch gegen die auf den ersten Blick aberwitzig hohen Nikotinmengen in den neuartigen Minigeräten und Podsystemen wie der Juul, die in den USA im Gegensatz zu Europa meist mit 54mg/ml gedampft wird, ist bei objektiver Betrachtung mit gesundem Menschenverstand und der Fähigkeit zum Kopfrechnen nichts zu sagen. Diese Geräte werden zwar leider von vielen Medien als Teufelswerk dargestellt, nur zieht jemand bei 54mg/ml Nikotinsalz (wichtig bei derart hohen Konzentrationen, freies Nikotin in dieser Dosierung wäre zu hart im Hals) auf viel seltener als jemand der 3, 6, 12 oder 18 mg/ml dampft. Die meisten Nutzer von Podsystemen verbrauchen pro Tag minimale Mengen von Liquid, 1ml zu 54mg/ml macht zu 3ml mit 18mg/ml wie viel Unterschied? Gar keinen, es ist die exakt gleiche Gesamtnikotinmenge von 54mg über den Tag verteilt, wer mit nur 3mg/ml mit riesigen Wolken seine 20ml am Tag wegzieht, führt sich sogar mehr Nikotin zu, nämlich 60mg!
Genau aus diesem Grund ist die im Rahmen der TDP2 (Version der EU Tabakproduktrichtlinie von 2016) in der EU verordnete Obergrenze von 20mg/ml objektiv betrachtet auch vollkommen willkürlich gewählt und kontraproduktiv. Umsteiger sollten die Wahl haben.
Sie sehen, die Frage ist weniger wie viel Nikotin nun pro Milliliter im Liquid stecken, sondern viel eher mit wie viel sich Ihr Körper insgesamt wohlfühlt. Übliche Dosierungen die man oft auf Foren und in Ratgebern liest sind DL 3-6mg/ml und MTL 12-18mg/ml für Umsteiger, aber das sind nur grobe Richtwerte, denen man keinesfalls folgen muss.
Erlaubt ist, was gefällt und was verhindert, dass wieder zur Zigarette gegriffen wird. Ohne Ausprobieren geht es nicht, aber anfangs ist etwas mehr sicher besser als zu wenig, Dampfen ist kein Wettbewerb wer am schnellsten das Nikotin am stärksten reduziert. Wer den Umstieg mit 6mg/ml schafft ist ebenso ein Held wie der, der 20mg/ml braucht.